Im 50. Stock hält der Fahrstuhl des Midtown Tower in Tel Aviv. Ein atemberaubender Blick über die Skyline der pulsierenden Stadt erwartet mich, als ich die Räume der WeWork-Zentrale Israels betrete. Ich spüre gleich, ich befinde mich in einem urbanen Innovationsschaufenster, das als Plattform für Vernetzung, Out-of-the-Box-Denken und als Ideenschmiede fungiert. Dementsprechend sind die Räume, Einrichtungen und Meetingpoints geschaffen worden. Hier kommen Menschen temporär zusammen, die etwas bewegen wollen. Hier siedeln sich Innovations-Labs internationaler Konzerne an, um neue Ansätze zu finden, Zukunft zu denken und zu kreieren. Während ich durch die Räumlichkeiten laufe, kommt der Eindruck auf, dass die offene Kultur der New Worker unserer meilenweit voraus ist.

Auf meiner kürzlichen Innovationsreise nach Israel  habe ich das aufstrebende Land als großes Vorbild für diese Themen erkannt.

Rund um Tel Aviv (450.000 Menschen) sind 88 Coworking Spaces ansässig, im Zuge der Reise durften wir in mehrere Einblick nehmen.

In dem 9-Millionen-Einwohnerstaat Israel, der flächenmäßig dem Land Hessen entspricht, sind mehr als 6.300 Start-ups aktiv. Sie arbeiten im Open Space zusammen, schaffen gemeinsam Lösungen. Völlig zu Recht wird vom Silicon Wadi, der kleinen Schwester des Silicon Valley, gesprochen. Und es zeigt gleichzeitig plakativ, wie weit Deutschland im Hintertreffen ist.

Doch was machen Israelis anders?

Differenziertes Mindset

Bezogen auf Israel sagte kürzlich Grisha Alroi-Arloser, der Geschäftsführer der Außenhandelskammer Tel Aviv: „Ich bin lieber mit der zweitbesten Lösung als erster im Ziel als mit der besten Lösung als zweiter im Ziel“. Das drückt exakt die Haltung der Israelis aus, die mit enormer Umsetzungsstärke und Fokussierung auf das, was möglich ist, einen Nährboden für neue Ideen und Ansätze finden. Sie denken in Lösungen und fokussieren sich ausschließlich auf Möglichkeiten und nicht auf das, was eine Hürde sein könnte. Sie haben den MUT, ihr Produkt auf den Markt zu bringen, obwohl es noch nicht tausendprozentig ist. Sie perfektionieren es am Markt mit Kundenstimmen.

„Dream big“ ist eine Grundmaxime der Bürger. „Glaube an dich und mache“. Dadurch entstehen Tempo, Engagement und Positivität, die Kraft die es für neue Wege braucht.

Risiken eingehen – vom Staat mitgetragen

Der Staat fördert Start-ups mit Steuergeldern. Wohlwissend, dass neun von zehn Gründern es nicht schaffen. Nur so können aus Sicht von Grisha Alroi-Arloser bahnbrechende Innovationen entstehen. Israel sei Hightech-Hochburg aus Not. In einem armen, unfruchtbaren, seit Generationen von Unruhen geplagten Land haben die Menschen sich rausgekämpft aus Opferplattitüden.

Sie sind proaktive, produktive Gestalter, die sich auf das konzentrieren, was möglich ist – und das ist eine Menge.

Wie müssen wir in Zukunft arbeiten, um als Wirtschaftsstandort mit weltweit anerkannten Qualitätsprodukten „made in Germany“ weiter mitmischen zu können?

Nach meiner Auffassung brauchen wir auch in unserem Land vermehrt offene Begegnungsstätten, Plattformen, in denen genau solche Nährböden entstehen und gefördert werden können.

Wir dürfen Wissen nicht mehr horten, sondern sollten bereit sein, es zu teilen, innerhalb eigener Branchen und branchenübergreifend. Um zügiger Neues erschaffen zu können, müssen wir uns Meinungen anderer und somit der Ideenvielfalt öffnen. So steigern wir das Tempo und die Vielfalt. Und wir brauchen Mut, noch unperfekte Produkte auf den Markt zu bringen.

Coworking – mehr als ein Arbeitsplatz auf Zeit

In vielen Regionen reicht die Kraft einzelner Personen/Unternehmen nicht aus, um im globalen Wettbewerb zu bestehen. Ziel ist es, regionale Kräfte zu bündeln, Menschen und Ideen zusammenzuführen.

Innovation braucht Identifikation. Es braucht einen Ort, eine Begegnungsstätte, in der „Macher“ und „Möglichmacher“ aus Wirtschaft und Wissenschaft sich offen treffen, vernetzen, ihr Wissen teilen. Gemeinsam werden sie so zum Verstärker und entwickeln zusammen bahnbrechende Innovationen.

Coworking bietet eine optimale Plattform, um Kräfte zu bündeln, Menschen sowie Ideen zusammenzubringen und Kreativität zu fördern. Kreativität ist die Ressource der Zukunft. Es gilt, innovatives Potenzial zu suchen, zu entwickeln und neue „Schätze“ zu heben.

Vor allem Mittelstädte (wie Oldenburg) oder Regionen (wie Weser-Ems) haben die Chance, durch Bündelung der Kräfte im globalen Wettbewerb zu bestehen.

Hierzu gibt es in Oldenburg konkrete Pläne, über die ich in Kürze berichten werde 🙂