Steffi Burkhart ist nicht nur Sprachrohr der Generation Y. Sie ist auch eine gefragte Speakerin. Ich selbst durfte sie schon einmal für eine Unternehmerveranstaltung der Wirtschaftsjunioren der Oldenburgischen IHK verpflichten. Und sie hat die 300 Zuhörer förmlich vom Hocker gerissen: Mit klaren, eindrücklichen Worten zum Thema Gen Y und ihrer Haltung zeigte sie, wie die Arbeitswelt von morgen mit einem guten Generationenmanagement besser gelingen kann. Dabei setzte sie sich aktiv für die Förderung von Frauen im Berufsleben ein. Denn: Noch immer sind Frauen in Top-Positionen beispielsweise unterrepräsentiert und werden für gleiche Arbeit schlechter bezahlt.

Steffi ist zweifelsfrei eine Frau, die ihre Ideen verwirklicht, sich leidenschaftlich für ihre Überzeugungen einsetzt, die ihr Potenzial entfalten will – und die ihre beruflichen Wünsche so konsequent wie mutig umsetzt: So agiert sie unter anderem als Human Capital Evangelist für eine Consulting-Firma sowie als Aufsichtsrätin eines Schweizer Unternehmens. Außerdem lehrt die promovierte Gesundheitspsychologin an Hochschulen im Bereich Wirtschaftspsychologie. 

Zum Weltfrauentag habe ich mich mit der umtriebigen Generation-Y-Expertin ausgetauscht – bei einem Gespräch rund ums Thema Unternehmertum und ihrem Weg zum Erfolg. Vielleicht inspiriert es euch dazu, euren beruflichen Träumen ein Stück näher zu kommen.

AMW: Du hast dich früh auf eigene Beine gestellt. Was hat dich dazu bewogen, diesen Schritt zu wagen. Und was hat dir besonders dabei geholfen?

Steffi Burkhart: Ich hatte in meinen beiden ersten Jobs – in einem Konzern und einem Start-up – zwei schlechte Chefs. Nach der Erfahrung habe ich mich entschieden, mein eigener Chef zu sein; denn ich agiere immer nach dem Motto: „Change it, leave it or love it.“ Zuspruch habe ich von meinem Partner erhalten. Er bestärkt und unterstützt mich nun seit vier Jahren in meiner Selbstständigkeit. „Support the Girls“ ist ja auch meine neue Herzensangelegenheit.

Welche Hürden musstest du auf deinem Weg nehmen? Welche war bisher deine größte Herausforderung?

Es gibt ganz viele kleinere Hürden – die sehe ich aber eher als Herausforderung. Ich habe gelernt: Meine Komfortzone zu verlassen, ist zwar mit Angst verbunden, weil es neu und ungewiss ist. Doch diese Angst gehört im Leben mit dazu, wenn ich wachsen und besser werden will. In den ersten ein bis zwei Jahren haben sich einige ältere Herren schwer damit getan, mich als junge Frau ernst zu nehmen. Ich bin einfach am Ball geblieben, habe an meinem Auftritt gearbeitet und an meinen Inhalten.

In politischen Diskussionsrunden zu sitzen, war für mich Neuland. Und ich kann mich gut daran erinnern, wie frustriert ich 2016 nach einer Diskussionsrunde mit Julia Klöckner war. Ich bin heulend zurück nach Köln gefahren. Mein Freund hat mir zwei Stunden lang am Telefon zugehört und mich ermutigt, am Ball zu bleiben.

Wer hat – außer dir selbst – deine Karriere maßgeblich beeinflusst? Gab oder gibt es eine Mentorin oder einen Mentor.

Ohne meinen Freund wäre ich heute nicht da, wo ich bin. Er ist mein Mentor in allen Fragen. Angefangen von: Wie kleide ich mich richtig bei unterschiedlichen Anlässen bis hin zu inhaltlichen Aufbereitungen meiner Inhalte. Ich hatte bisher in meinem Leben immer mit Mentoren gearbeitet. Denn ich bin fest davon überzeugt: Nur durch die Kompetenzen, das Know-how und die Unterstützung anderer können wir größer, erfolgreicher werden und in der Persönlichkeit wachsen. Mein Tipp: Einfach Vorbilder anschreiben oder ansprechen. Mehr als ein Nein kann man nicht bekommen.

Du forderst nicht nur eine Frauenquote, sondern gleich eine doppelte F-Quote. Was genau meinst du damit?

Eine Frauenquote alleine befördert Frauen in Toppositionen, die so agieren wie Männer. Mit Diversität hat das wenig zu tun. In vielen Organisationen werden Messzahlen und Leistungsbeurteilungen für Beförderungen eingesetzt, die auf Willenskraft, analytische Intelligenz, Durchsetzungskraft und Ellbogenmentalität ausgerichtet sind. Fürsorge, Teamgedanke, soziale Überzeugungskraft fallen häufig durchs Raster. Wir sollten deshalb zur Frauen- eine Feeling-Quote einführen, also eine doppelte F-Quote. Schließlich müssen sich die Spielregeln ändern, nicht die Frauen.

 

 

 

Du setzt dich für Frauen in Führungspositionen ein. Welche Unterstützung bietest du konkret?

Ich bin Impulsgeberin für die Wirtschaft. Ich versuche, auf der Entscheider-Ebene, die meistens männlich geprägt ist, zu verdeutlichen, warum es wichtig ist, bei der Besetzung von Führungsposten auf 100 Prozent des Talentpools zuzugreifen. Also selbstverständlich auch auf talentierte Frauen. Erst wenn das Bewusstsein in der Spitze ankommt, können Veränderungen durchgeführt werden.

Was ist deine besondere Motivation hierbei und was muss sich nach deiner Auffassung verändern?

Häufig werden gut ausgebildete Frauen nicht als Führungstalent erkannt, weil sie nicht den klassischen Beförderungsrichtlinien entsprechen. Diesen Knoten im Kopf möchte ich lösen. Einige Unternehmen haben dies bereits verstanden und ihre Spielregeln in Bewerbungsverfahren verändert, durch Blindverfahren und digitale Entscheidungshilfen, die zu bewussteren und gender-gerechteren Entscheidungen führen. Ein Beispiel: Das Boston Symphony Orchestra implementierte beim Vorspiel einen Vorhang zwischen Musiker und Jury. Der Talentpool verdoppelte sich der auf 100 Prozent – und der Frauenanteil stieg um fast 40 Prozent.

Wo siehst du deine Aufgabe? Und was sind dabei deine schönsten Erfolgserlebnisse als Unternehmerin?

Als Impulsgeberin ist es meine Aufgabe, Menschen inhaltlich aufzuklären und sie emotional so zu berühren, dass es im nächsten Schritt zu Aktivitäten führt. Deshalb freue ich mich besonders über Rückmeldungen von Entscheidern und Firmen, dass Projekte umgesetzt werden und ich einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet habe.

Welchen Tipp möchtest du gründungswilligen Frauen mit auf den Weg geben, die dieses Interview lesen?

Habt Mut, lasst euch nicht unterkriegen, geht euren Weg. Und überlegt euch ganz genau, von wem ihr Ratschläge annehmt und von wem nicht. Es gibt so viele Energievampire da draußen. Von denen sollte man sich Fernhalten und ein soziales Umfeld aufbauen mit Energiespendern. Das beflügelt, motiviert und gibt die nötige Energie, die es braucht, um seinen eigenen Weg zu gehen. Sucht Euch Mentoren! Erfolgreiche Menschen, die wissen, was es heißt, rebellisch zu sein, aus dem Mittelmaß auszubrechen. Mega cool finde ich Gary Vee – dem folge ich auch bei Instagram. Seine Inhalte motivieren mich jeden Tag. Lieber unperfekt anfangen als gar nicht anfangen. Perfektion entwickelt sich mit der Zeit. Frauen tendieren eher zu Perfektionismus als Männer. Perfektionismus kann aber auch ein Hindernis sein und davon abhalten, einfach mal loszulegen.Wenn ich heute zurückblicke, wie ich angefangen habe, dann denke ich auch: Wow, hab’ ich mich in vier Jahren entwickelt! Und das nur, weil ich den Mut hatte, einfach loszulegen.

 

 

 

Websites:
www.steffiburkhart.com
www.feinrot.de