Vorbemerkung:

Das hier ist ein persönlicher Erfahrungsbericht über meine dreiwöchige Ayurveda-Panchakarma-Kur in Indien. Ich schildere recht unverblümt aus meinem Erleben heraus. Wem das nicht gefällt, der möge entsprechende Passagen bitte einfach überlesen ;).

Beitrag auf Instagram @amw_management

„RELAX YOUR BODY, RELAX YOUR MIND“, das sind die ersten Worte unseres Yoga-Teachers Chrishna, der so unsere allmorgendliche Yogastunde eröffnet. Ich liege auf meiner Yogamatte in der Natur und blicke in einen satten blauen, wolkenfreien Himmel. Raureif liegt über den Pflanzen des Dschungels und eine leichte Brise weht durch mein Gesicht. Alles ist noch still und wirkt so unverbraucht. Selbst die Tiere sind still im Morgengrauen. „INHALE DEEPLY, EXHALE COMPLETLY“, höre ich Chrishna sagen. Es ist sieben Uhr morgens und ich frage mich, wie jeden Morgen, ob wir nicht einfach bis zum Frühstück um 9 liegen bleiben können und genießen. Wir sollen uns ja schließlich entspannen, sagt er. Das hat er aber ganz und gar anders gemeint. Nach einigen Minuten der Stille ziehen wir unsere Yogasession durch und er macht es wirklich gut. Danach fühle ich mich wie neu geboren, durchgedehnt und fokussiert. Danach sehne ich mich nach einer arbeitsreichen Zeit in der Heimat.

Körper, Geist und Seele entgiften

Am 12.12.19 ging’s los ins Abenteuer Indien. Ayurveda-Kur im indischen Goa. Nach 24 stündiger Anreise waren wir im neuen Zuhause auf Zeit. Drei Wochen lang „Natural Paradise“. Das Resort beherbergte noch gut 20 weitere Leute, die alle das Gleiche im Sinn hatten: einmal neu bitte. Die letzten Wochen des Jahres mal die Stopptaste drücken, Klarheit finden, über neue Ziele nachdenken und auch darüber, was das neue Jahr bringen soll.

Ich hatte es in den letzten Monaten etwas übertrieben mit meiner Performance-Leidenschaft. Mein Körper gab mir deutliche Signale, dass er die Chance braucht, Energie nachzuladen und alten Ballast loszuwerden.Ich powere so gerne, weil ich liebe was ich tue, aber dazwischen braucht es etwas mehr Pause. Und es muss ja nicht immer den ganzen Tag und dann abends auch noch performt werden. Ich wollte einen Plan für mich, wie ich es angehe. Das war mir klar. Also Körper, Geist und Seele einmal entgiften. Und dann kann das neue Jahr kommen. Mit neuer Fokussierung und frischem Mut.

Back-to-Basic-Expedition ins Tierreich und zu mir selbst

Da war ich nun an einem Ort, der kaum Ablenkung von sich selbst zuließ. Abgelegen, mitten im sattgrünen Dschungel Goas, im allereinfachsten Standard, praktisch ohne Handy-Empfang. Ein Naturbecken bot Erfrischung während der sehr warmen Tage und ein Fluss führte am Resort entlang. Ein Experiment, dem ich mich gemeinsam mit meiner Schwester stellen wollte. Das hatten wir uns gut überlegt; uns gefiel der Gedanke, dass wir beiden über die emotionalen Feiertage ein bisschen Familie dabeihatten. 

Im Nachhinein würde ich diese Reise eher als eine Expedition bezeichnen. Im Dschungel begegnet man zahlreichen Tieren, die es bei uns gar nicht oder wesentlich kleiner gibt. Einzelne Arten möchte hier nicht in epischer Tiefe ausbreiten. Es sei jedoch gesagt, dass wir auf Schlangen, Affen, Riesenspinnen und Co. keinesfalls vorbereitet waren und auch nicht darauf, dass wir mitten in einem Biotop von Fröschen gelandet sind (P.S.: Ich habe eine Frosch-Phobie).

In meiner Holzhütte gab es nichts Überflüssiges. Es standen ein Bett darin und eine Bank sowie ein kleiner Einbauschrank. Immerhin hatte ich ein eigenes Bad mit Dusche und eine Klimaanlage. Da es auch nachts nicht abkühlte, war sie bei 34–38 Grad Tagestemperatur ein elementarer Bestandteil, um zur Ruhe kommen zu können. Nicht nur die Unterkünfte, sondern alles auf dem Gelände war funktionell, schnörkellos und neu aufgebaut. Die Kur startete direkt am darauffolgenden Tag unserer Ankunft mit einem Termin bei einer ayurvedischen Ärztin, die in der Erstuntersuchung den individuellen Kurplan erarbeitete.

Philosophie der drei Doshas

Das ayurvedische Vokabular ist, wie eine neue Sprache zu lernen, aber die verinnerlicht man schnell und tauscht sich rege mit den Gleichgesinnten im Camp aus. Selten habe ich eine so offene, unverblümte Kommunikation erlebt ;-). 

Vata Pitta, Kapha. Ich erspare euch eine ausführliche historische Herleitung und Beschreibung der Jahrtausende alten Philosophie. Das können andere viel kompetenter und umfassender erklären als ich. Wer sich für diese ganzheitliche Philosophie interessiert, kann im Netz umfangreiche Infos finden. (Zum Beispiel hier:  https://wildandveda.com/ayurveda-fuer-einsteiger/, Panchakarmakur: https://www.zentrum-der-gesundheit.de/panchakarma-ayurveda-kur-ia.html.)

Sagen möchte ich nur, dass alles aus drei Grundtypen (Vata, Pitta, Kapha) hergeleitet wird, die sich jedem mittels Pulsmessung und diversen optischen und charakterlichen Eigenschaften und Vorzügen einordnen lassen. Meist gibt es dabei keine reinen Vatas, Pittas oder Kaphas, sondern Mischformen. Wer in die Kur geht, spürt meist eine Disbalance wie Stress, Zerstreutheit, Vergesslichkeit, Erschöpfung, aber auch Trägheit oder körperliche Beschwerden. Man geht davon aus, dass wir durch Stress und ungesunde Lebensweise Schlacken im Körper bilden, die uns altern lassen und zunehmend zu Beschwerden führen. Es gilt also, den Körper von diesen Schlacken zu befreien. Die Entgiftung folgt einem ganzheitlichen Konzept. Entgiftet wird dabei über Nahrung, Massagen, ayurvedische Medikamente.

Ziel der Kur ist es, Disbalancen zu harmonisieren, zu regulieren und so zu Kraft und Wohlbefinden zu kommen.

Von den vielfältigen Künsten der traditionellen ayurvedischen Massage über kleine und große Bastis, Ghee als schmackhafter Drink vor dem Frühstück (das war ironisch gemeint) bis hin zu veganer Kost, die hauptsächlich aus Suppen und Gemüse besteht (meist mit einer Bittervariante, weil alle Mahlzeiten die Geschmacksrichtungen süß, sauer, scharf, herb, bitter, salzig und zusammenziehend enthalten sollen) – alles warm versteht sich, denn das tut einer harmonischen Verdauung gut.

Morgens gibt es warmen Brei in vielseitigen Varianten mit frischem Obst, was eindeutig meine Lieblingsmahlzeit war. Ich hätte nie gedacht, wie heiß begehrt Zimt sein kann, alle Beteiligten nutzten ihn inflationär, um ihre Speisen aufzupimpen. Ansonsten gab es Wasser, Wasser, Wasser, vornehmlich heiß, ab und zu mogelte sich mal ein Kräutertee dazwischen. Als Goodie nach dem Essen nahm jeder seine individuell verordneten ayurvedischen Medikamente, die er in den täglichen Konsultationen mit dem Doc erhielt, auch die tägliche Massageart und das dafür verwendete Öl waren übrigens individuell auf das jeweilige Kurziel abgestimmt. 

Ruf nach Wiederholung

Ob ich es wieder machen würde? Unbedingt. Dies war meine dritte Ayurveda-Kur, immer an verschiedenen Orten und Plätzen. Für mich ist Ayurveda eine Philosophie, die meinen Bedürfnissen nach Ganzheitlichkeit vollkommen gerecht wird. 

Ich bin der Auffassung, dass Körper, Geist und Seele zusammengehören. Warum sollte ich sie also losgelöst voneinander betrachten? 

Ich wohne in diesem Köper mein Leben lang, also versuche ich, ihn zu pflegen, damit er mir ein langes Leben von hoher Qualität ermöglichen kann. Reicht das? Nein, denn auch unsere Seele braucht mal einen Frühjahrsputz. Während der Kur spüre ich nicht nur, wie mein Körper entgiftet und sich erneuert. Es kommen auch einige innerliche Themen hoch, denen man sich stellen kann oder auch nicht. Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn ich hinschaue, was da innerlich bearbeitet werden möchte, kann ich`s leichter angehen. Eine Ayurveda-Kur ist für mich wie Ballastabwerfen, in jeglicher Beziehung. Meinen Körper entgiften, aber auch Geist und Seele reinigen. Uns begegnen so viele Themen im Laufe des Jahres, nicht immer nur schönes. Geben wir uns selbst die Chance, das auch zu verarbeiten? Wird der Rucksack mit unbearbeiteten Themen auf unserem Rücken nicht immer schwerer? Wie soll ich da aufrichtig über neue Ziele nachdenken, wenn ich noch am Alten hafte?

Fazit

Ins neue Jahrzehnt starte ich nun erstmal frisch gereinigt und um 4 Kilo Körpergewicht erleichtert. Ich fühle mich wie einmal saubergeputzt, relaxt – innerlich wie äußerlich. Ich habe auch innerlich einige Themen gewälzt und erreiche dadurch mehr Klarheit und Wohlbefinden. Die ersten zwei Kurwochen hatte ich ganz schön mit den Auswirkungen der Anwendungen zu tun. Danach fiel es mir leicht, wieder zu fühlen, was mir wirklich wichtig ist. Es ist mir gelungen, einen Plan für 2020 zu schmieden, mit dem ich happy bin. 

Dabei ist und bleibt alles eine Reise oder auch Expedition näher zu uns selbst. Es muss nichts perfekt sein, es ist ein Weg, der dazu führt, dass wir uns weiterentwickeln, Stimmigkeit empfinden und uns dadurch immer wohler fühlen in unserer Haut. 

Genießt euer Jahr, was auch immer ihr euch vorgenommen habt oder auch nicht :).

Links:

https://wildandveda.com/ayurveda-fuer-einsteiger/
https://www.zentrum-der-gesundheit.de/panchakarma-ayurveda-kur-ia.html