Woran denken Sie, wenn Sie „Meditation“ hören? An duftende Räucherstäbchen, bunte Batiktücher und nebelige Esoterik? Oder denken wir an die Business-Welt – zum Beispiel an Google, Bosch und Continental. Diese Unternehmen haben nämlich die Achtsamkeit für sich entdeckt. Sie haben erkannt: Meditation hilft Führungskräften, das Wesentliche zu erkennen, innere Kräfte zu mobilisieren und verantwortungsvoll zu entscheiden, für sich selbst und für andere. Ich wollte wissen, was dran ist, und habe das Zen-Leadership-Seminar „Emotional Führen“ besucht.

Eine Woche voller Präsentationen, Meetings, Netzwerk-Events liegen hinter mir. Gedanklich noch mittendrin steige ich Donnerstagmorgen um 4:40 in den Zug Richtung Kempten. Ich versuche, mich innerlich auf das vorzubereiten, was mich in den nächsten vier Tagen erwarten soll: Stille, Zeit für Reflexion – und das offline ohne virtuelle To-do-Liste. Mein Ziel ist die Zen Leadership Academy im Kloster Buchenberg mitten im idyllischen Allgäu. Dort treffe ich auf die übrigen 15 Teilnehmer, allesamt Führungskräfte und Unternehmer, die wie ich den Wunsch haben, etwas über emotionales Führen zu hören, Achtsamkeit zu praktizieren und möglichst viel davon in den Arbeitsalltag mitzunehmen. Zen-Meister Hinnerk Polenski und sein fünfköpfiges Team begleiten uns und führen uns in die Praxis ein. 

Der Zen-Meister ist überzeugt: Nur wer sich selbst emotional führen kann, kann auch andere führen. Ein Schritt auf diesem Weg ist die Achtsamkeit mit sich und seinem Umfeld.

„Die Basis erfolgreicher Führung liegt in der inneren Führungskompetenz“, erklärt Polenski. „Wenn wir Orientierung tief in uns finden, haben wir die Kraft und Klarheit, uns den Herausforderungen unserer Zeit zu stellen. Es entsteht eine Verbindung mit allem, klar und offen – und es tut sich ein großartiger Weg auf, mitten in unserer Welt“, führt er aus. Ein individueller Weg, eigenes Potenzial zu entfalten, für mehr Schaffenskraft, nachhaltigen Erfolg und eine bessere Arbeitswelt. Das klingt vielversprechend. Ich bin gespannt.

Das Kloster Buchenberg bietet genau den richtigen Rahmen dafür: stringente Abläufe und Rituale, die Raum schenken, innezuhalten und in sich selbst einzutauchen. Sie bieten ebenso Leitplanken für Stille, Reflexion und Entfaltung; denn innerlich ist ausreichend Bewegung. Und die Zen-Philosophie besagt: Wenn der Geist still wird, wird die Welt wahr. Sie fordert dazu auf, wahrzunehmen, was jetzt ist, und weniger zu bewerten. Praktisch heißt das: höchste Präsenz, Konzentration auf Haltung sowie Atmung – und aufkommende Gedanken durchaus wahrzunehmen, sie aber einfach vorüberziehen zu lassen, ohne an ihnen haften zu bleiben.

Die Tage beginnen früh und sie sind prall gefüllt. Sie starten um fünf Uhr mit intensiven und ausgedehnten Meditationseinheiten im Sitzen (Zazen) und Gehen (Kinhin). Es folgen Tee-Zeremonien (Sarei), Impulsvorträge zu Leadership-Themen, Achtsamkeit, Fragerunden, Einzelgespräche mit dem Zen-Meister (Dokusan) und Vieraugen-Training mit der Meditationslehrerin (Taiwa). Massagen, Sport mit Mobilitäts- und Dehnübungen sollen Erleichterung verschaffen, Verspannungen lockern. Die Mahlzeiten werden schweigend eingenommen. Nebenher gibt es viele Gelegenheiten zum Austausch.

Fazit: eine bewegende, intensive und zugleich inspirierende Erfahrung. Ich habe viele Tipps und Handwerkszeug erhalten, die ich mit in meinen Alltag nehmen kann. Es obliegt nun meiner Bereitschaft, Motivation und Selbstverantwortung, was ich davon wie weiterführe. Eigentlich braucht es nichts anderes als JETZT eine Entscheidung zu treffen, – ES ZU TUN.

 

Bildnachweis: © Daishin Zen Kloster

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